fbpx

Abschrift Vollstreckungsauftrag: Aushändigung durch den Gerichtsvollzieher

Wenn ein Gerichtsvollzieher einem Schuldner die Ladung für den Termin zustellt, an dem der Letzterer die eidesstattliche Versicherung abgeben muss, so hat der Gerichtsvollzieher dem Schuldner eine Abschrift des vorliegenden Vollstreckungsauftrags zuzustellen. Der Gerichtsvollzieher kann alternativ den Gläubiger auffordern, dem Schuldner eine solche Abschrift zuzustellen. Kommt der Gläubiger der Aufforderung aber nicht nach, so ist der Gerichtsvollzieher nicht berechtigt, die Zwangsvollstreckung einzustellen.

Gesetzliche Grundlagen zur Aushändigung der Abschrift
Ein Auftrag zur Zwangsvollstreckung nach § 754 ZPO und ebenso die Aufforderung an den Schuldner, im Zusammenhang mit der Zwangsvollstreckung bei Zahlungsunfähigkeit die eidesstattliche Versicherung abzugeben, bedürfen nicht zwingend der Schriftform. Beide Vorgänge können mündlich gestellt werden. Rechtsgrundlagen hierfür sind:

für den Vollstreckungsauftrag der § 754 ZPO
für Aufträge an einen Gerichtsvollzieher der § 4 Nummer 1 S. 1 GVGA (formlose, daher auch mündliche Beauftragung eines Gerichtsvollziehers)
für die mündliche Erklärung eines Auftraggebers oder seines Bevollmächtigten / seiner vermittelnden Geschäftsstelle der § 4 Nummer 1 S. 2 GVGA
für die schriftliche Beauftragung des Vollstreckungsauftrages inklusive Abnahme einer eidesstattlichen Versicherung die §§ 133, 900 ZPO mit der Verpflichtung der Zustellung an den Schuldner

Die Verpflichtung, dem Schuldner die Abschrift des Vollstreckungsauftrages bei der Aufforderung zur Abgabe der EV beizufügen, wäre also gesetzlich nicht ausdrücklich normiert. Auch der § 185b Nummer 3 S. 2 GVGA ist für einen Gläubiger nicht verbindlich. Diese Regelung besagt, dass ein Schuldner vom Gerichtsvollzieher eine Abschrift des Vollstreckungsauftrages erhalten muss. Doch hierbei handelt es sich um eine Geschäftsanweisung für den Gerichtsvollzieher und damit um eine bloße Verwaltungsvorschrift zum Vollstreckungsauftrag. Diesen Formalien steht allerdings der Anspruch eines Schuldners gegenüber, rechtliches Gehör zu finden. Dieser Anspruch ist auf höchster Gesetzesebene formuliert, nämlich in Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes. Ebenfalls im Grundgesetz (Artikel 3 Absatz 1) ist das Recht jedes Bürgers auf ein faires Verfahren festgeschrieben. Die damit vorliegende Rechtslage gebietet es demnach, dass der Schuldner per Abschrift über den Vollstreckungsauftrag informiert wird, wenn er die EV abgeben muss. Sein diesbezügliches Interesse ist unzweifelhaft berechtigt. Er gerät dadurch in die Lage, während des laufenden Zwangsvollstreckungsverfahrens seine Interessen wahrzunehmen. § 133 ZPO ist dementsprechend grundsätzlich im Vollstreckungsverfahren anwendbar.

Rechtsprechung des BGH zur Aushändigung der Abschrift
Der Bundesgerichtshof hat sich unter anderem in einem Beschluss vom 21.07.2011 (Az.: I ZB 96/10) und in einem Urteil vom 20.01.2011 (Az.: I ZR 122/09) zur Problematik positioniert. Nach Auffassung der höchsten Richter können die Einordnung und der Wortlaut des § 133 ZPO nicht zur Begründung einer nicht erfolgten Aushändigung der Abschrift herangezogen werden. In ihrer Argumentation führten die Richter am BGH an, dass ein Zwangsvollstreckungsverfahren nach der Gesetzessystematik im Sinne des § 79 ZPO einem Parteiprozess zuzuordnen ist. Es gelten für dieses Verfahren zwar spezifische Vorschriften nach den §§ 704 ff. ZPO, doch darüber hinaus auch allgemeine prozessuale Regelungen. Die ZPO verwendet zwar in ihrem Buch 8 Abschnitt 4 nicht den Begriff “Partei”, doch das sei angesichts der Gesetzessystematik nicht entscheidend. Der Schuldner wäre damit wie eine Gegenpartei in einem Prozess mit allen ihren Rechten zu behandeln, zu denen auch das Aushändigen von Abschriften wichtiger Beschlüsse gehört.

Pflichten des Gerichtsvollziehers
Es gibt Gläubiger, welche die Abschrift des Vollstreckungsauftrages nicht fristgerecht einreichen. Das Zwangsvollstreckungsverfahren darf dennoch nicht eingestellt werden. Das Ausfertigen von Abschriften durch eine Partei ist eine Sollvorschrift, deren Nichteinhaltung nicht zu sachlichen Nachteilen führen darf. Das Gericht kann bei einem solchen Versäumnis

selbst die Abschrift auf Kosten des Gläubigers anfertigen oder
den Gerichtsvollzieher mit der Anfertigung – wiederum zulasten des Gläubigers – beauftragen.

Die Vollstreckung muss dennoch termingerecht weitergeführt werden. Dem Gerichtsvollzieher ist die Ausfertigung zuzumuten, weil er die Kosten dem Gläubiger in Rechnung stellen kann und diese auch nicht hoch sind. Der Gerichtsvollzieher kann hierfür vom Gläubiger – wie auch für andere Leistungen – einen Vorschuss verlangen. Daraus erschließt sich wiederum, dass dem Recht des Schuldners, diese Abschrift zu erhalten, nichts entgegensteht.