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Gewinnabschöpfung wegen Erhebung überhöhter Mahn- und Rücklastschriftpauschalen

Nun ist es offiziell: Am 01.12.2023 hat das Kölner Oberlandesgericht (OLG) einem Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG in Höhe von mehr als 3,7 Millionen Euro zuzüglich Zinsen gegen ein Kölner Telekommunikationsunternehmen stattgegeben. Der Anlass der Klage: deutlich überzogene Pauschalen für Mahnkosten und Rücklastschriften.

Hintergrund der Klage

Verschiedene Konzerne haben Verbrauchern in der Vergangenheit Schadensersatzpauschalen in Rechnung gestellt, sofern diese ihre Lastschriften nicht pünktlich getätigten haben – beispielsweise wegen mangelnder Kontodeckung. Besonders verbreitet war dies in der Telekommunikationsbranche. Noch bis vor zehn Jahren forderte man seine Kunden zu bis zu 21,00 Euro pro Rücklastschrift auf. Das juristische Problem: Gemäß der gesetzlichen Rechtslage darf eine Schadensersatzpauschale von Unternehmen an Verbraucher aber nicht höher ausfallen als der im Durchschnitt entstandene Schaden. Sprich: Die betroffenen Firmen dürfen mittels der Schadensersatzpauschalen ihren Schaden decken, jedoch keine verdeckten Gewinne erwirtschaften. Des Weiteren betrachtet die Rechtslage nur bestimmte Kostenpunkte von Unternehmen als ersatzfähigen Rücklastschriftschaden. Bei namhaften Telekommunikationsfirmen zum Beispiel liegt dieser ersatzfähige Rücklastschriftschaden sogar bei nur 3 bis 4 Euro. Verlangen manche Konzerne also Rücklastschriftpauschalen von über 4 Euro decken sie damit nicht nur ihren Schaden. Sie sichern sich Zusatzgewinne.

Bei Mahnkostenpauschalen sieht es ähnlich aus. Nicht selten berechneten Telekommunikationsunternehmen ihren Kunden 10 Euro pro Mahnung. Laut BGH lassen sich jedoch nur die Material- und Portokosten für das Mahndokument ersetzen. Beides zusammen ergibt aber oft weniger als 1 Euro. Noch günstiger ist es bei elektronischen Mahnungen per SMS oder E-Mail. Hier entstehen so gut wie keine Kosten.

Als aktuelles Beispiel lässt sich ein Kölner Anbieter anführen. Noch im Jahr 2015 erhob der Kölner Anbieter eine Rücklastschriftpauschale in Höhe von 9 Euro und eine Mahnkostenpauschale in Höhe von 5 Euro. Und genau aus diesem Grund wurde das regionale Telekommunikationsunternehmen erfolgreich wegen Missachtung von Pauschalierungsklauseln verklagt. Die überzogenen Pauschalen konnten die Kunden zwar von dem Anbieter wieder zurückfordern, allerdings nahmen viele Verbraucher die Möglichkeit nicht wahr. Der Grund: Der Aufwand, die Beträge zurückzugewinnen, ist vielen Verbrauchern für die Kleinbeträge von Mahnkosten und Rück­last­schrift­en zu hoch. Sie verzichten. Hinzu kommt, dass die Rückforderungsansprüche der meisten Kunden inzwischen ohnehin verjährt sind.

Diese Entwicklung war jedoch zu erwarten. Nicht ohne Grund entstehen immer mehr Legal Tech Unternehmen, die sich auf die Rückforderung solcher Kosten spezialisieren.

Forderungen zu Abschöpfung an Bundeshaushalt werden immer lauter.

Im Betrugsfall kann auf eine Abschöpfung der Unrechtsgewinne an den Bundeshaushalt plädiert werden – und zwar in einem zweistufigen Gerichtsverfahren. Im ersten Schritt gilt es, die erzielten Gewinne zu entlarven. Im zweiten Schritt sollen die Gewinne an den Bundeshaushalt abgegeben werden. Viele Jahre lang kann sich das Verfahren hinziehen und erhebliche Kosten verursachen.

Bereits 2016 gab es eine Stufenklage gegen den Kölner Anbieter. Mit dem Einverständnis des Bundesamts für Justiz zog man einen gewerblichen Prozessfinanzierer hinzu – des hohen Kostenrisikos wegen. Das Ergebnis: Rechtskräftig verurteile das Gericht dazu, die Unrechtsgewinne offenlegen zu müssen. Insgesamt stellten sich 3.740.579,00 Euro heraus. Allerdings scheiterte die Klage auf der Zahlungsstufe. Die Begründung des Bundesgerichtshof in einem anderen Verfahren, dass das Hinzuziehen eines gewerblichen Prozessfinanzierers eine Gewinn­abschöpfungs­klage ungültig mache.

2020 wurde erneut Klage vor dem Landgericht Köln eingereicht, dieses Mal ohne Prozessfinanzierer. Das Urteil: Am 13.04.2023 verpflichtete das Landgericht Köln zu einer Zahlung von 2.432.394,00 Euro nebst Zinsen. Die Schmälerung begründete das Gericht mit auf den Unrechtsgewinn gezahlten Steuern.

Beide Parteien gingen in Berufung – mit der Folge: Am 01.12.2023 verurteile des Oberlandesgericht zur Zahlung von 3.740,579,00 Euro nebst Zinsen an den Bundeshaushalt.

Rechtskräftig ist das Urteil noch nicht. Mit einer Nichtzulassungsbeschwerde könnte der Anbieter immer noch in Revision gehen.

Zusammenfassend für die Inkassobranche bleibt die Frage offen, ob dies auch an ein IKU betreffen kann, dass solche Nebenforderungen übernimmt.
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