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BGH verhandelt zu Legal Tech ein Ableger vom Inkasso

 
BGH verhandelt zu LegalTech: Ist automatisches Inkasso zulässig?

Der Bundesgerichtshof hat 14.10.2019 darüber verhandelt, ob die softwaregestützten Legal Tech Angebote juristisch zulässig sind. Die Anbieter treten im Gewand von Inkasso-Firmen und handeln wahrscheinlich im Sinne des RDG (Rechtsdienstleistungsgesetz). Wie ihre Tätigkeit zu bewerten ist, wird der BGH in seinem Urteil am 27.11.2019 verkünden, wir informieren Sie zeitnah darüber. Der Prozess trägt das Aktenzeichen VIII ZR 285/18.

Juristische Problematik der Legal Tech Firmen

Legal Tech Unternehmen operieren überwiegend als Inkasso-Firmen. Im aktuell verhandelten Fall geht es um das Unternehmen Lexfox (ehemals Mietright), gegen das die Rechtsanwaltskammer Berlin Klage eingereicht hat: Der Anbieter betreibt das Portal wenigermiete.de und verspricht den Mietern, ihre Ansprüche gegen den Vermieter einzutreiben, wenn sie sich mit diesem etwa über eine falsche Nebenkostenabrechnung oder auch über eine überhöhte Miete streiten. Gerade dieses Rechtsgebiet könnte in naher Zukunft sehr brisant werden, nachdem in Berlin im Oktober 2019 die Mieten rückwirkend gedeckelt wurden – hier sind viele juristische Scharmützel vorprogrammiert.

 

Der Fall hat darüber hinaus für viele weitere Unternehmen eine grundlegende Bedeutung, die wie Inkasso-Dienstleister auftreten. So kümmert sich Flightright um Fluggastrechte und Myright unter anderem um die Rechte von Autofahrern, die VW wegen des Dieselskandals verklagen. Hier geht es gleich um mehrere Zehntausend Kunden. Karin Milger erläuterte als vorsitzende Richterin des VIII. BGH-Zivilsenats die Problematik im Kern: Es gehe darum, so die Juristin, ob das Geschäftsmodell dieser Firmen, konkret des verklagten Unternehmens LexFox/Mietright, eine Inkasso-Tätigkeit i.S.d. RDG ist oder nicht. Die klagende Rechtsanwaltskammer Berlin zweifelt das an. Der Inkassobegriff wird zwar vom Gesetzgeber juristisch weit ausgelegt, doch Möglicherweise, so die Richter am BGH, muss der Gesetzgeber aufgrund der neuen technischen Möglichkeiten nachjustieren.

Wie agiert LexFox?

Auf der eigenen Webseite wenigermiete.de verspricht LexFox den Mietern eine einfache Online-Unterstützung ohne Kostenrisiko. Die Rechtsanwaltskammer Berlin als Klägerin argumentiert, dass der Anbieter die strengen RDG-Vorschriften mit dem Auftritt als Inkasso-Dienstleister umgeht. Er wirbt ausdrücklich dafür, dass er nur im Erfolgsfall eine Provision erhält und daher keine Vorkosten wie beim Anwalt entstehen. Die Rechtsanwaltskammer Berlin ist der Auffassung, dass LexFox auf diese Weise eine unerlaubte Rechtsdienstleistung anbietet. Es steht auch ein konkreter Fall von LexFox zur Verhandlung: Ein Berliner Mieter wollte Ansprüche gegen seinen Vermieter durchsetzen, der sich nicht an die Mietpreisbremse gehalten hat. Er wandte sich über wenigermiete.de an LexFox, das Unternehmen mahnte den Vermieter an, dieser verweigerte die Zahlung. Daraufhin riet LexFox dem Mieter zur Klage, die dieser beim Berliner Landgericht einreichte.

 

Dieses wies die Klage aber ab. Auf diesen Vorgang zielt unter anderem die Klage der Rechtsanwaltskammer ab: LexFox habe in diesem Fall seine Befugnis überschritten und eine unerlaubte Rechtsberatung geleistet, die schließlich auch nicht zum Erfolg geführt, sondern beim klagenden Mieter Schaden verursacht habe (durch die Anwalts- und Gerichtskosten des verlorenen Prozesses). Auch sei LexFox schwerpunktmäßig eben kein Inkasso-Unternehmen. Der Anbieter leiste ohne Erlaubnis nach dem RDG eine Online-Rechtsberatung, so die Klägerin. Das gehe unter anderem aus dem Online-Rechner hervor, mit dem sich auf wenigermiete.de Ansprüche kalkulieren lassen. Da dieser Rechner Besonderheiten eines Einzelfalles berücksichtige, erfülle er eine juristische Beratungsfunktion, zu der LexFox nicht berechtigt sei. Die Klage der Berliner Anwaltskammer war allerdings in unteren Instanzen gescheitert, weshalb der Fall nun beim BGH liegt.

Was entscheidet der Bundesgerichtshof konkret?

Der BGH wird über zwei getrennte Fakten befinden:

  • 1: Darf LexFox als Inkassodienstleister auftreten? Hier tendieren die Bundesrichter offenbar zu der Auslegung des Inkassorechts und scheinen LexFox das Recht zuzugestehen, ausstehende Forderungen wie jeder Inkassodienst anzumahnen und einzutreiben. Der BFIF begrüsst diese zeitgemäße Auffassung des BGH.
  • 2: Darf LexFox die Kunden im engeren Sinne juristisch beraten, sodass diese wie im vorliegenden Fall den Klageweg beschreiten? Es ging dabei auch darum, die Kündigung des Mietvertrages durch den Vermieter abzuwehren – ein für den Mieter sehr schwerwiegender Vorgang. Die BHG-Richter haben sich dazu noch nicht explizit geäußert.

Eine Prognose zum Ausgang des Verfahrens wollen wir nicht abgeben. Aber egal wie das Urteil ausgeht, sicher ist dass Legal Tech Anbieter inzwischen ein fester bestandteil unserer Wirtschafts- und Rechtstruktur geworden ist.