Kann ein immaterieller Schaden zur Zahlung von Schmerzensgeld führen?
Der Verbraucher wurde am 20.10.2018 bei der Schufa von einem Inkassounternehmen mit einer Einmeldung belastet. Dabei handelte es sich um eine bereits seit Jahren erledigte titulierte Forderung. Erst im November 2019 erfuhr der Verbraucher von diesem negativen Eintrag. Auslöser war die Ablehnung einer geplanten Immobilienfinanzierung wegen des Eintrages bei der Schufa. Aufgrund der unberechtigten Schufa-Auskunft entstand ein persönlicher und wirtschaftlicher Schaden.
Was wurde im ersten Schritt unternommen?
Das Inkassounternehmen wurde aufgefordert, den unberechtigten Eintrag zurückzunehmen. Da sich die Firma weigerte, wurde die Schufa direkt um Löschung der erledigten Forderung gebeten. Dieser Aufforderung kam die Schufa Anfang des Jahres 2020 nach. Der Verbraucher war durch den nicht gerechtfertigten negativen Schufa-Eintag in seiner „Bonitätsehre“ verletzt. Zudem entstand ihm ein wirtschaftlicher Schaden, da die Immobilienfinanzierung abgelehnt wurde und die Preise für Immobilien anschließend kräftig gestiegen sind. Die logische Folge war die Verklagung der Inkassofirma auf Schmerzensgeld als Verursacherin der unberechtigten Schufa-Meldung.
Erfolgreiche Klage vor dem Landgericht Magdeburg (9 O 1571/20) – die Urteilsbegründung
Am 24.5.2022 erfolgte das Urteil in der Schadenersatzklage, welches weitestgehend den Argumenten des Klägers entspricht.
Das Inkassounternehmen wurde verurteilt, dem Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von € 4.000,00 wegen der rechtswidrigen Schufa-Einmeldung zu zahlen.
In der Urteilsbegründung standen die berechtigten Interessen der Beteiligten im Vordergrund. Bei einer bereits vollständig getilgten titulierten Forderung ist das berechtigte Interesse des Einmelders regelmäßig mit „null“ anzusetzen. Es liegt unstrittig in der Verantwortung der Beklagten zu erkennen, dass eine nicht mehr existierende Forderung nicht gemeldet werden darf. Diese Sorgfaltspflicht hat die Inkassofirma als Beklagte verletzt.
Mit der Einmeldung der bereits erledigten titulierten Forderung hat die Beklagte dem Kläger einen immateriellen Schaden zugefügt. Der Kläger wurde in seiner Persönlichkeit verletzt, da er mit der unberechtigten Schufa-Meldung bei der geplatzten Immobilienfinanzierung bei seiner Hausbank „bloßgestellt“ worden ist. Schließlich hatte der Kläger zum Zeitpunkt der Finanzierungsentscheidung keine Kontrolle über die bei der Schufa gemeldeten Bonitätsmerkmale.
Was ist an diesem Urteil bemerkenswert?
Die Höhe der zugesprochenen immateriellen Entschädigung von € 4.000,00 für den Kläger ist ein wegweisender Urteilsspruch.
Oft wird bei Gericht argumentiert, dass für einen immateriellen Schaden durch einen Datenschutzverstoß kaum eine nennenswerte Summe als Ausgleich einklagbar ist. Dies folgt der Auffassung, dass für einen erlittenen Armbruch lediglich etwa € 800,00 Schmerzensgeld zugesprochen werden. Die Gerichte in Deutschland sind mit den zugesprochenen Entschädigungszahlungen bei körperlichen und psychischen Schäden sehr zurückhaltend. Hier sollten deutlich höhere Schadenersatzleistungen erstreitbar sein. Das Gleiche gilt für immaterielle Entschädigungszahlungen, von dem das erstrittene Urteil abweicht.
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