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Schadensersatz bei fehlender Vollstreckung

Mögliche Pflicht zum Schadensersatz für Anwälte, Inkassounternehmen und Rechtsdienstleister

Die vertragliche Übernahme eines Anwalts- oder Inkassomandats ist für beide Seiten mit Rechten und Pflichten verbunden. Der Mandant nimmt die fachliche Hilfe in Anspruch mit dem erklärten Ziel, dass seine Rechte und Interessen bestmöglich gewahrt werden. Anders gesagt muss der Rechts- und Interessensvertreter etwas einfach ausgedrückt alles Menschenmögliche tun, um seinem Mandanten zu dessen Recht zu verhelfen. Des einen Recht ist des anderen Pflicht beziehungsweise dessen standesrechtliche Verpflichtung. Der Weg bis zu einem möglichen Schadensersatz ist zwar noch weit; ausgeschlossen ist er keineswegs.

Rechtsgrundlage für einen solchen Schadensersatz ist im weitesten Sinne § 823 BGB, des Bürgerlichen Gesetzbuches. Danach ist zum Ersatz des entstandenen Schadens verpflichtet, wer vorsätzlich oder fahrlässig ein sonstiges Recht des anderen widerrechtlich verletzt. Für solche Fälle sind Anwälte, Rechtsdienstleister oder auch Inkassounternehmen versichert; wiewohl sie erfahrungsgemäß alles nur Erdenkliche tun, um einen Leistungsfall Ihres Versicherers zu vermeiden.

Dehnbare Grauzone in jedem Einzelfall

Der Bundesgerichtshof BGH hat in seiner Entscheidung vom 19.09.2019 unter dem Aktenzeichen IX ZR 22/17 deutlich gemacht, dass ein Rechtsanwalt sein Mandat so wahrnehmen muss, dass dem Mandanten keine beziehungsweise ausschließlich vertretbare Nachteile entstehen dürfen. Diese Mandatspflicht lässt sich Eins zu eins auf Inkassounternehmen sowie auf Rechtsdienstleister übertragen. In einem neuerlichen Urteil wurde diese Haltung des BGH aus dem Jahre 2017 zwei Jahre später bestätigt, erhärtet und konkretisiert mit dem Ergebnis, dass der Rechtsvertreter einen mittleren fünfstelligen Betrag zuzüglich Zinsen an seinen Mandanten zahlen muss.

Der beklagte Rechtsanwalt war von seinem Mandanten mit der zwangsweisen Durchsetzung einer rechtskräftig titulierten Forderung gegen einen Mandanten des Schuldners beauftragt worden. Das geschah nicht mit dem machbaren bis gebotenen Nachdruck sowie nicht zeitnah genug mit der Folge, dass aus dieser „gerichtlich festgestellten Nachlässigkeit heraus“ der Anwalt einen Schaden zu Lasten seines Mandanten sowohl verursacht als auch verschuldet hat. Der Rechtsanwalt hat nicht alles Machbare und Vertretbare unternommen, um seinem Mandanten zu dessen Recht zu verhelfen. Anders gesagt wurde – aus welchen Gründen und Anlässen auch immer – nachlässig gearbeitet oder lax formuliert geschludert mit dem Ergebnis, dass eine titulierte Forderung nicht vollumfänglich realisiert worden ist.

Die fehlerhafte Verhaltensweise des Rechtsanwaltes war zwar nicht vorsätzlich, aber doch fahrlässig.

Dazu stellte der BGH klar

  • Eine Zwangsvollstreckung muss vor allem dann unverzüglich und zügig betrieben werden, wenn pfändbares Vermögen vorhanden ist.
  • Alle sich bietenden Möglichkeiten der Zivilprozessordnung ZPO sind bis ins Letzte auszuschöpfen.
  • Gibt es Anhaltspunkte dafür, dass eine Verzögerung der Zwangsvollstreckung für den Mandanten nachteilig wäre, muss der beauftragte Rechtsanwalt die Zwangsvollstreckung besonders beschleunigen.
  • Unter mehreren verfügbaren Vollstreckungsmöglichkeiten muss dann diejenige ausgewählt werden, die am schnellsten und aussichtsreichsten zum Ergebnis führt.
  • In diesem Zusammenhang können mögliche Erkenntnisse oder Anhaltspunkte für eine bevorstehende Insolvenz des Schuldners zum Problem werden. Hat der Rechtsanwalt Kenntnis davon, dann muss er seinen Mandanten so weit darüber aufklären, dass der in Kenntnis absehbarer Chancen und Risiken eine eigenverantwortliche Entscheidung über das weitere Vorgehen treffen kann.
  • Schon die bloße Kenntnis über die Existenz von Giro- oder Sparkonten ist für den Rechtsanwalt verpflichtend, im Interesse des Gläubigers dort vorhandene oder vermutete Vermögenswerte zu pfänden.
  • Eine Kontopfändung erstreckt sich sowohl auf das aktuelle als auch auf das Tagesguthabens des Folgetages; ebenso wie auf den Anspruch aus einem vertraglich zugesagten Darlehens, das mit seinem Abruf pfändbar wird.

Fazit
Der Rechts- und Interessensvertreter muss wirklich alles unternehmen, um seinem Mandanten zu dessen Recht zu verhelfen. Geschieht das nicht, läuft der Anwalt oder das Inkassounternehmen Gefahr, in Regress genommen zu werden.