Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von persönlichen Daten
Das Recht des Datenschutzes, insbesondere geregelt im Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), unterliegt im Zeitalter des Internets, getrieben von immer neuen Datenskandalen und Verbraucherbeschwerden, einem schnellen Wandel. Allein im Jahr 2009 gab es vier teilweise grundlegende Änderungen des genannten Gesetzes, die zum Teil erst in 2010 in Kraft traten. Inkassounternehmen verarbeiten aufgrund der enormen Fallzahlen und auch des hohen Automatisierungsgrades naturgemäß eine wahre Flut von Schuldnerdaten in ihren EDV-Systemen. Immer mehr Schuldner wehren sich gegen die Verarbeitung ihrer persönlichen Daten, insbesondere die (angedrohte) Weitergabe an Auskunfteien führt hier oft zu Streitigkeiten.
Der Einwand mancher Schuldner, Inkassounternehmen dürften grundsätzlich keine Daten von ihnen speichern oder weitergeben, wenn sie dies nicht wünschten oder dem widersprechen würden, ist sowohl rechtlich als auch moralisch völlig unbegründet – dies vorneweg. Richtig ist daran nur, dass personenbezogene Daten grundsätzlich bei den Betroffenen erhoben werden müssen (§ 4 Abs. 2 BDSG), § 28 BDSG erlaubt jedoch die Datenerhebung und – speicherung für eigene Geschäftszwecke von Unternehmen. Danach sind solche Maßnahmen ohne Mitwirkung des Schuldners zulässig, wenn es zur Wahrung eines berechtigten Interesses erforderlich ist. Ein berechtigtes Interesse liegt immer dann vor, wenn nur aufgrund dieser Daten eine ordnungsgemäße Auftragserfüllung möglich ist. Selbstredend besitzen Rechsdienstleister, die beauftragt sind, Forderungen einzuziehen, grundsätzlich ein solches berechtigtes Interesse – dies wird von keiner ernstzunehmenden Stelle bestritten. Welche Daten jedoch hierbei erforderlich sind und zu welchem Zeitpunkt welche Daten weitergegeben werden dürfen, ist im jeweiligen Einzelfall zu entscheiden, da weder im Gesetz noch in der Rechtsprechung hierfür eindeutige Regelungen getroffen wurden.
Inkassounternehmen in mehrfacher Hinsicht betroffen
Das Bundesdatenschutzgesetz gilt für die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von persönlichen Daten. Aufgrund des business case von Inkassounternehmen müssen sie in mehrfacher Hinsicht bei ihrer Geschäftstätigkeit die Regelungen des Datenschutzes beachten: Inkassounternehmen beschaffen sich z.B. durch Anfragen bei Auskunfteien oder Einwohnermeldeämtern Daten von Schuldnern (= erheben, § 3 Abs. 3 BDSG), speichern solche Informationen in den elektronischen Akten und übermitteln sie eventuell an Auskunfteien wie die Schufa (=verarbeiten, § 3 Abs. 4 BDSG) – außerdem nutzt (§ 3 Abs. 5 BDSG) das Inkassobüro natürlich sämtliche gewonnenen Daten, um die Forderung beim Schuldner geltend zu machen.
Einhaltung des Datenschutzrechts auch im Interesse der Unternehmen
Wie die Datenskandale vor einiger Zeit bei Telekom und Co. gezeigt haben, stellt Datenschutz jedoch kein inkassospezifisches Problem, sondern betrifft alle Branchen. Gerade größeren Unternehmen jeder Branche droht ein enormer Imageschaden bei Nichteinhaltung des Datenschutzes. Diese haben also schon deshalb ein Interesse daran, sorgfältig mit Daten umzugehen. Außerdem drohen bei Verstößen gegen das Datenschutzrecht empfindliche Geldbußen in Höhe von bis zu 50.000,- Euro bzw. sogar 300.000,- Euro (§ 43 BDSG). Inkassounternehmen unterliegen wie jedes andere Unternehmen auch der staatlichen Aufsicht, die über die Einhaltung des Datenschutzes wacht und die Nichtbeachtung datenschutzrechtlicher Vorschriften durch Auflagen oder auch die genannten Geldbußen sanktionieren kann.
Die „Drohung“ mit dem Schufa-Eintrag
Größter Streitpunkt sowohl in der öffentlichen Debatte als auch im Einzelfall mit Verbrauchern ist sicherlich die oben bereits angesprochene Weitergabe von Daten an Auskunfteien, insbesondere die Schufa. Angesichts der Folgen, die eine Meldung von negativen Merkmalen, insbesondere die Nichtzahlung von Forderungen, für die betroffenen Schuldner hat, ist dies auch nur verständlich. Bereits bei einem negativen Merkmal können die Betroffenen oft keine Ratenkäufe im Möbelhäusern mehr vornehmen oder Handyverträge abschließen – mit ihrem guten Namen können sie nicht mehr „bezahlen“. Im Bewusstsein dieser Folgen „drohen“ Inkassounternehmen häufig mit einem Schufa-Eintrag, sollte der Schuldner die Forderung nicht erfüllen. Wie im Folgenden zu ersehen ist, handelt es sich dabei jedoch nicht um eine „Drohung“, sondern um die Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht, mag die eine oder andere Formulierung in Inkassoschreiben auch für die Betroffenen anders klingen. Zunächst jedoch ist festzuhalten: um einen Schufa-Eintrag veranlassen zu können, muss das betreffende Inkassounternehmen auch Partner der Schufa sein. Kleinere Inkassounternehmen sind dies häufig nicht, in diesem Fall ist die „Drohung“ mit dem Schufa-Eintrag also in jedem Fall eine leere.
Die Voraussetzungen des § 28 a BDSG müssen vorliegen
Die Voraussetzungen, unter denen Inkassounternehmen Daten an Auskunfteien wie die Schufa übermitteln dürfen, wurden zum 01.04.2010 verschärft. In das Bundesdatenschutzgesetz wurde der § 28 a eingefügt, der diese Thematik regelt. Grundvoraussetzung ist hiernach immer das Vorliegen eines berechtigten Interesses. Zusätzlich muss alternativ ein Titel, eine Feststellung im Insolvenzverfahren oder eine Anerkennung der Forderung durch den Schulder vorliegen. Außerdem – dies betrifft insbesondere rückständige Mietzinsforderungen – kann eine Meldung erfolgen, wenn das Vertragsverhältnis, das der Forderung zugrunde liegt, aufgrund Zahlungsverzugs gekündigt werden kann. Wenn die Forderung nicht bestritten wird, kann eine Weitergabe der Daten schon dann erfolgen, wenn mindestens zweimal schriftlich gemahnt wurde und zwischen der ersten Mahnung und der Weitgabe der Daten mindestens vier Wochen liegen. In den beiden letzteren Fällen darf eine Übermittlung nur erfolgen, wenn das Inkassounternehmen den Betroffenen über die bevorstehende Übermittlung unterrichtet hat – bei der von vielen Schuldnern so empfundenen „Drohung“ mit dem Schufa-Eintrag handelt es sich daher um die Erfüllung dieser gesetzlichen Pflicht. Es sei noch erwähnt, dass ein Bestreiten der Forderung eine gewisse Qualität besitzen muss, um ein Verbot der Datenübermittlung zu bewirken. Ein pauschales Bestreiten wird hier wohl nicht ausreichen.
Berechtigtes Interesse als zentraler Begriff
Es ist also festzuhalten, dass eine Datenübermittlung an Auskunfteien bei Einhaltung der genannten Fristen bereits nach zwei vorliegenden schriftlichen Mahnungen erfolgen darf. Es muss hierfür ein berechtigtes Interesse (meist) der Allgemeinheit an der Kenntniserlangung von Daten zur Zahlungsunfähigkeit oder – unwilligkeit vorliegen, das das Interesse des Betroffenen überwiegt – es muss also eine Interessenabwägung erfolgen. Bei schon vorliegenden Einträgen oder im Falle von mehreren laufenden Mahn- oder Gerichtsverfahren dürfte das Ergebnis im Regelfall eindeutig zu Lasten des Verbrauchers ausgehen, eine Übermittlung dürfte daher wohl erfolgen. Von der Möglichkeit, bereits nach zwei Mahnschreiben eine Meldung an die Schufa zu machen, wird jedoch eher zurückhaltend Gebrauch gemacht. Zu groß ist die Gefahr, dass eine Interessenabwägung in diesem Verfahrensstadium zu Gunsten des Schuldners ausgehen würde. Im Falle einer Titulierung, auch durch das Mahnbescheidsverfahren, ist jedoch in jedem Fall von einer Meldung auszugehen.
Meldungen an Schufa zum Schutz des Rechtsverkehrs
Auch moralisch ist der oben genannte Vorwurf der Schuldner unbegründet: Inkassounternehmen sind Dienstleister der deutschen Wirtschaft und verschaffen diesen Unternehmen – bei denen im Übrigen auch so mancher Schuldern arbeitet – die notwendige Liquidität, auch um Arbeitslöhne pünktlich zahlen zu können. Wer seine Rechnungen nicht zahlt, muss es sich zum Schutz des Rechtsverkehrs auch gefallen lassen – selbstverständlich unter Beachtung der Voraussetzung des Datenschutzrechts – von Dienstleistern erfasst zu werden.
Einigung zur Erhaltung der Kreditwürdigkeit
Die Einigung mit dem Inkassounternehmen, also die Vereinbarung einer Ratenzahlung oder eines Vergleichs mit Einmalzahlung, ist angesichts der möglichen Folgen für den betroffenen Schuldner daher mehr als ratsam. In der Regel haben Inkassounternehmen keinerlei Veranlassung im Falle einer Einigung negative Merkmale an Auskunfteien – insbesondere die Schufa – zu übermitteln. Eine Einigung über eine Forderung kann daher für den Schuldner viel mehr bedeuten, als nur die Erledigung dieser einen Forderung: er bleibt kreditwürdig.