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Keine Hemmung durch erschlichenen Mahnbescheid

Ein durch falsche Angaben bewirkter Mahnbescheid kann die Verjährung eines Anspruchs nicht hemmen. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Stuttgarts (Urteil vom 16. Juli 2014, Az. 3 U 170/13) verbietet es der Grundsatz von Treu und Glauben, dass sich ein Gläubiger auf die Hemmung der Verjährung berufen kann, wenn er bei Beantragung des Mahnbescheids wahrheitswidrig angegeben hat, dass der geltend gemachte Anspruch nicht von einer Gegenleistung abhänge. Im konkreten Fall ging es um einen Schadensersatzanspruch in Höhe von über 20.000 Euro, der vom Kläger eingefordert wurde – für angeblich fehlerhafte Beratungsleistungen im Zusammenhang mit der Beteiligung des Klägers an einer Gesellschaft.

Wirksamkeit des Mahnbescheid

§ 690 Abs. 1 Nr. 4 ZPO fordert für die Wirksamkeit eines Mahnbescheids unter anderem die Erklärung des Beantragenden darüber, ob der Anspruch von einer Gegenleistung abhängt oder nicht. Dies ist wichtig, weil § 688 Abs. 2 Satz 2 ZPO vorschreibt, dass das Mahnverfahren gerade dann nicht stattfindet, wenn dem Anspruch eine noch nicht erbrachte Gegenleistung gegenübersteht. Bei der Beantragung des Mahnbescheids gab der Kläger an, dass keine solche Gegenleistung nicht bestehe. Objektiv stand dem Schadensersatzanspruch jedoch der Anspruch der Gegenseite auf Herausgabe einer Kapitalbeteiligung gegenüber. Der Kläger berief sich darauf, dass er sich auf andere in der Rechtsprechung und Literatur vertretene Auffassungen verlassen hatte, die ein Mahnverfahren in vergleichbaren Fällen für statthaft halten.

Das OLG Stuttgart war der Auffassung, dass die Verjährung zwar objektiv gehemmt wurde, der Kläger aber aufgrund des Grundsatzes von Treu und Glauben nicht berechtigt war, sich darauf zu berufen. Die Rechtsgrundlage des Anspruchs sei dabei nicht wesentlich, sondern lediglich die Tatsache, dass für die geforderte Leistung Zug um Zug eine Gegenleistung erbracht werden müsse. Selbst ein Rechtsirrtum des Klägers stehe dem nicht entgegen. Denn gerade aufgrund einer rechtlichen Unsicherheit hätte der Kläger die entsprechende Frage nach der Abhängigkeit von einer Gegenleistung nicht ohne Weiteres verneinen dürfen. Insofern sei das Mahngericht in Bezug auf die bestehenden rechtlichen Zweifel getäuscht worden. Der Kläger habe den Mahnbescheid deswegen treuwidrig erlangt. Er dürfe sich daher aufgrund des Treu- und Glauben-Grundsatzes nicht darauf berufen, dass die Verjährung nicht eingetreten sei.

fundamentale Bedeutung des Mahnverfahrens

Der vom OLG Stuttgart entschiedene Fall zeigt erneut die fundamentale Bedeutung des Mahnverfahrens für die Durchsetzung von Ansprüchen. Schon vermeintliche Einzelheiten in einem weitgehend automatisierten Verfahren (zum Beispiel das Ankreuzen von „ja” oder „nein” bei der Frage der Gegenleistung) können die Durchsetzbarkeit eines Anspruchs – auch dann, wenn es um sehr viel Geld geht – letztlich gänzlich verhindern.