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Kein Pfändungsschutz bei überzogenem Girokonto

Der gesetzlich festgeschriebene Pfändungsschutz bezieht sich nicht auf die Verrechnung eines Arbeitseinkommens mit einem im Minus befindlichen Kontostand. Darauf hat der BGH in einer Entscheidung aus dem Jahr 2005 hingewiesen. Der in den §§ 850 ff. ZPO geregelte Schutz von Arbeitseinkommen beziehe sich grundsätzlich nicht auf das Verhältnis zwischen Bank und Kunden.

Streit um Verrechnung des Arbeitseinkommens

Der Entscheidung des Bundesgerichtshofs lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger unterhielt bei der Beklagten (einer Volksbank) ein Girokonto mit einem Dispositionskredit in Höhe von 3.000 Euro. Im Juli 2003 erfolgte eine Überweisung des Arbeitseinkommens des Klägers (2.115,17 Euro) auf dieses Konto. Durch Verrechnung seitens der Bank verringerte sich der vorher bestehende Sollsaldo von 4.170,35 Euro auf 2.055,18 Euro. Der Kläger gab am 16. Juli 2003 eine eidesstattliche Versicherung ab. Am 1. August 2003 kündigte die Bank den Dispositionskredit aufgrund der verschlechterten wirtschaftlichen Situation ihres Kunden. Daraufhin forderte der Kunde als Kläger von seiner Bank die Auszahlung des ihm gutgeschriebenen Überweisungsbetrags sowie die Erstattung von Unkosten. Vor dem Amtsgericht und dem Landgericht hatte der Kläger keinen Erfolg.

Entscheidungsgründe des BGH

Der BGH wies in der letztinstanzlichen Revisionsentscheidung die Klage zurück (Urteil vom 22. März 2005, Az. XI ZR 286/04). § 850k ZPO betreffe nach Auffassung des BGH nicht das Rechtsverhältnis zwischen Bank und Kunden. Daher könne die Bank auch Überweisungen in die kontokorrentmäßige Verrechnung einbeziehen, die selbst dem Pfändungsschutz nach §§ 850 ff. ZPO unterfielen. Eine Kontokorrentabrede bewirke, dass Ansprüche während der Rechnungsperiode einer selbstständigen Geltendmachung entzogen würden. Zahlungen der Parteien bildeten daher Rechnungsposten, sie dienten nicht der Tilgung bestimmter Forderungen. Ein Anspruch des Kunden auf die Ausbezahlung des nicht pfändbaren Teils seines Arbeitseinkommens bestehe daher nicht, wenn der Kontostand debitorisch sei. Denn die Vorschrift des § 850k sei unmissverständlich: Hier gehe es ausschließlich um den Schutz vor der Pfändung eines Guthabens. Um diese gehe es aber nicht im rechtlichen Verhältnis zwischen dem Kunden und der Bank.

Unpfändbarkeit und Dispositionskredit

Der Gesetzgeber habe sich nach Auffassung des BGH bei der Ausgestaltung des Pfändungsschutzes in §§ 850 ff. ZPO bewusst nicht für eine Formulierung entschieden, die eine durch Gutschrift entstehende Forderung für einen gewissen Zeitraum unpfändbar stellt. Eine solche Regelung fand sich nach dem zum Zeitpunkt der Gerichtsentscheidung geltenden Recht in § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB I. Auch der Rechtsgedanke des § 394 BGB (Verbot der Aufrechnung gegen unpfändbare Forderungen) oder § 400 BGB (Ausschluss der Abtretung bei unpfändbaren Forderungen) komme hier nicht zum Zuge. Weil es an einer gesetzlichen Regelungslücke fehle, hindere § 850k ZPO die Bank also nicht, ein pfändungsfreies Arbeitseinkommen kontokorrentmäßig zu verrechnen. Im vorliegenden Fall sei die Verrechnung demnach wirksam gewesen. Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Auszahlung gegen die Bank zu.