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Kosten in tatsächlicher Höhe festsetzbar

Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichtes Landau in der Pfalz in dem Rechtsstreit
(AZ: 4 O 86/10)

Kosten der Unterbevollmächtigten auf Klägerseite:

Die unterlegene Partei hat die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit diese zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren (§91 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Die Erstattungsfähigkeit der durch die Beauftragung eines Unterbevollmächtigten entstandenen Mehrkosten – neben denjenigen des Prozessbevollmächtigten- beurteilt sich nach §91 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Danach sind die Kosten mehrerer Rechtsanwälte vom unterlegenen Gegner nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste.

Soweit es sich um die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten als sogenannten Termins- (Verhandlungs-) Vertreter handelt oder auch wenn diese Tätigkeit überschritten wird, ist zunächst davon auszugehen, dass der Prozessbevollmächtigte grundsätzlich verpflichtet ist, für seinen Mandanten einen Verhandlungstermin beim auswärtigen Gericht selbst wahrzunehmen. Es besteht keine allgemeine Regel, dass es dem Prozessbevollmächtigten nicht zugemutet werden könne, auswärtige Termine persönlich wahrzunehmen. Regelmäßig ist der Prozessbevollmächtigte selbst zur Wahrnehmung der Verhandlungstermine berufen. Namentlich kann der Prozessbevollmächtigte die Wahrnehmung der auswärtigen Verhandlungstermine nicht deshalb ablehnen, weil er dann von seiner Kanzlei abwesend ist. Die Erstattung von Mehrkosten durch die Beauftragung eines Unterbevollmächtigten kommt nur dann in Betracht, wenn der Prozessbevollmächtigte aus zwingenden Gründen verhindert war, den Termin wahrzunehmen.

Sieht der Prozessbevollmächtigte dennoch davon ab, den auwärtigen Verhandlungstermin selbst wahrzunehmen, so sind die Kosten die der Partei durch die Beauftragung eines unterbevollmächtigten Rechtsanwalts entstanden sind, notwendig und somit zu erstatten, soweit durch die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten Reisekosten des Hauptbevollmächtigten erspart werden, die ansonsten bei der Wahrnehmung des Termins durch den Hauptbevollmächtigten entstanden und als solche erstattungsfähig wären (BGH NJW 2003, 898, 899, vgl. auch BGH, Rpfleger 2005, 49-50).

Reisekosten zur Terminwahrnehmung eines Prozessbevollmächtigten, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, sind insoweit zu erstatten, als dessen Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war (§91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO).

Notwendigkeit der Kosten

Ob diese Notwendigkeit gegeben war, bemisst sich danach, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die die Kosten auslösende Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Veranlassung als sachdienlich ansehen durfte. Dabei darf die Partei ihr berechtigtes Interesse verfolgen un die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte ergreifen. Sie ist lediglich gehalten, unter mehreren gleichartigen Maßnahmen die kostengünstigste auszuwählen (BGH NJW 2003, 898; Beschl. V. 11.11.2003 – VI ZB 41/03, MDR 2004, 539; Beschluss v. 09.09.2004 – IZB 5/04, GRUR 2005; 84 – Unterbevollmächtigter II). Bei der Prüfung der Notwendigkeit einer bestimmten Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme ist zudem eine typisierende Betrachtungsweise geboten. Denn der Gerechtigkeitsgewinn, der bei einer übermäßig differnzierenden Betrachtung im Einzelfall zu erzielen ist, steht in keinem Verhältnis zu den sich einstellenden Nachteilen, wenn in nahezu jedem Einzelfall darüber gestritten werden könnte, ob die Kosten einer bestimmten Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme zu erstatten sind, oder nicht (vgl. BGH, Beschluss v. 12.12.2002 – I ZB 29/02, NJW 2003, 901, 902 = WRP 2003, 391 – Auswärtiger Rechtsanwalt I).

Eine nicht am Gerichtsort ansässige Partei ist in diesem Rahmen kostenrechtlich nicht darauf angewiesen, einen Rechtsanwalt am Ort des Prozessgerichts mit ihrer Vertretung zu beauftragen.

Vielmehr kann sie grundsätzlich die Kosten ihres Prozessbevollmächtigten auch dann erstattet verlangen, wenn dieser bei dem Prozessgericht nicht zugelassen und am Gerichtsort auch nicht ansässig ist. Dies hat der BGH wiederholt entschieden für den Fall, dass die Partei einen in ihrer Nähe ansässigen Rechtsanwalt beauftragt hat (BGH, Beschluss v. 16.02.2003 – VIII ZB 30/02 – NJW 2003; 898, 900; BGH, Beschluss v. 11.11.2003 – VI ZB 41/03 -).

Für den Fall, dass die Partei bein einem auswärtigen Gericht klagt oder verklagt wird und mit ihrer Vertretung einen an einem dritten Ort –also entweder am Wohn- oder Geschäftsort der Partei noch im Bezirk des Prozessgerichts- ansässigen Rechtsanwalt beauftragt, hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 18.12.2003 – Az.: I ZB 21/03 – entschieden, dass Reisekosten des an dem dritten Ort ansässigen Prozessbevollmächtigten bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Wohn- oder Geschäftsort Partei ansässigen Rechtsanwalts erstattungsfähig sind, wenn dessen Beauftragung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung erforderlich gewesen wäre (vgl. auch BGH, 14.09.2004 – VI ZB 37/04 – und BGH 11.03.2004 – VII ZB 27/03).

Rechtsprechung

Nach der Rechtsprechung des BGH handelt es sich bei den Reisekosten eines Rechtsanwalts jedoch dann nicht um notwendige Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung, wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung des nicht am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwalts feststand, dass ein eingehendes Mandantengespräch für Prozessführung nicht erforderlich sein würde. Dies ist unter anderem der Fall, wenn es sich bei der Partei um ein gewerbliches Unternehmen handelt, das über eine eigene, die Sache bearbeitende Rechtsabteilung verfügt. In diesen Fällen ist im allgemeinen davon auszugehen, dass der Rechtsstreit durch die sachkundigen Mitarbeiter der Rechtsabteilung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vorbereitet und die Partei daher in der Lage sein wird, den am Sitz des Prozessgerichts ansässigen Prozessbevollmächtigten umfassend schriftlich zu instruieren.

Für das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls ist hier nichts ersichtlich oder sonst dargetan.

Die durch die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten auf Beklagtenseite entstandenen Mehrkosten sind insoweit zu erstatten, als diejenigen Kosten nicht übersteigen, die ansonsten bei der Wahrnehmung des Termins durch den Hauptbevollmächtigten –ohne Einschaltung eines Unterbevollmächtigten- entstanden wären. (vgl. BGh NJW 2003, 898, 899; vgl. auch BGH, Rpfleger 2005, 49-50)

Weiterhin müssen sie sich im Rahmen derjenigen Reisekosten halten, die angefallen wären, wenn die Partei einen Prozessbevollmächtigten an ihrem Wohn- bzw. Geschäftsort beauftragt hätte (vgl. BGH, 11.03.2004 – VII ZB 27/03; vgl. hierzu auch Beschluss des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 28.03.2008 – Az.: 1 W 10/07-). Erstattungsfähig sind nämlich grundsätzlich nur die Kosten eines Prozessbevollmächtigten, die aus einem Auseinanderfallen von Gerichtsort einerseits und Geschäfts- oder Wohnsitz einer Partei andererseits entstehen (BGH, Beschlüsse vom 11.03.2004 – VII ZB 27/03,
NJW-RR 2004, 858, 859 und vom 22.02.2007 – VII ZB 93/06; NJW-RR 2007, 1071, 1072,
Tz. 11, BGH, Beschluss vom 22.04.2008, Aktenzeichen: XI ZB 20/07).

Die in Duisburg ansässige Klägerin hat mit der Führung des Prozesses einen in 47533 Kleve ansässigen Rechtsanwalt beauftragt.

Die Entfernung Duisburg – Landau beträgt laut falk.de ca. 338 km, die Fahrtdauer (einfach) ca. 3 Stunden.

Die Entfernung Kleve – Landau beträgt laut falk.de ca. 400 km, die Fahrtdauer (einfach) ca. 3:30 Stunden.

Erstattungsfähig sind lediglich die fiktiven Reisekosten für die Terminwahrnehmung durch einen am Sitz der Klägerin in Duisburg ansässigen Rechtsanwalts.

Bei Wahrnehmung des Verhandlungstermins am 22.06.2010 durch den Hauptbevollmächtigten –ohne Einschaltung eines Unterbevollmächtigten- wären somit auf Klägerseite insgesamt folgende außergerichtliche Kosten angefallen:

1,3 – Verfahrensgebühr 535,60 €
1,2 – Terminsgebühr 494,40 €
1,0 – Einigungsgebühr 412,00 €
Auslagenpauschale 20,00 €
Fahrtkosten (2 * 338 km á 0,30 EUR) 202,80 €
Abwesenheitsgeld (mehr als 4 bis 8 Std.) 35,00 €
Summe: 1699,80 €

In dieser Höhe waren die seitens der Klägerin geltend gemachten außergerichtlichen Kosten in die Ausgleichsberechnung einzubeziehen. Die darüber hinaus berechneten Kosten waren abzusetzen.

Höhe der auf Klägerseite zu berücksichtigenden Verfahrensgebühr / Anrechnung der Geschäftsgebühr:

Bei der Berechnung der Höhe auf Klägerseite angefallenen Kosten zu berücksichtigen war eine 1,3-Verfahrensgebühr im Betrag von 535,60 EUR, und nicht eine durch Anrechnung der Geschäftsgebühr geminderte 0,65-Verfahrensgebühr.

….mit Abgeltungsklausel nur dann i.S. § 15a Abs. 2, 2. Alt RVG tituliert, wenn und soweit die Parteien einen bezifferten Einzelbetrag als auf die Geschäftsgebühr entfallend vereinbaren (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 15.04.2010, 13 W 159/09, AGS 2010, 209-211, vgl. auch OLG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23.02.2010, 2 W 13/10, AGS 2010, 211, 212). Nachdem die Bezifferung eines Einzelbetrages nicht erfolgt ist, war –auch- auf Klägerseite die volle Verfahrensgebühr gemäß VV RVG Nr. 3100 in die Ausgleichung mit einzubeziehen.

Reisekosten auf Beklagtenseite:

Der Beklagte wohnt in xxxx. Mit der Rechtsverteidigung hat er einen in Neustadt/Weinstraße ansässigen Rechtsanwalt beauftragt.

Dem Beklagten ist es unbenommen, zur Führung des Rechtsstreits einen Rechtsanwalt seines Vertrauens an einem dritten Ort –also weder am Wohn- bzw. Geschäftsort der Partei noch am Gerichtsort- zu beauftragen. Soweit durch die Beauftragung dieses Anwalts jedoch höhere Kosten anfallen, als bei Beauftragung eines am Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts angefallen wären, sind diese nicht von dem Festsetzungsgegner zu erstatten. Auf die vorstehenden Ausführungen wird insoweit Bezug genommen.

Das Interesse, sich durch einen Rechtsanwalt ihres Vertrauens vertreten zu lassen, erlaubt es einer Partei nicht, ohne kostenrechtliche Nachteile einen auwärtigen Rechtsanwalt mit ihrer gerichtlichen Vertretung unabhängig davon zu beauftragen, wie weit dessen Kanzlei von ihrem Wohn- oder Geschäftssitz und dem Gerichtsort entfernt ist (BGH, Beschluss vom 22.04.2008, Aktenzeichen: XI ZB 20/07).

Eine Geschäftsreise liegt bereits dann vor, wenn das Reiseziel außerhalb der Gemeinde liegt, in der sich die Kanzlei des Rechtsanwalts befindet (Vorbemerkung 7 Abs. 2 VV RVG).

Die einfache Entfernung Siebeldingen – Landau beträgt laut falk.de ca. 6 km.

Die seitens des Beklagten über den Betrag von 3,60 EUR (= 2 * 6 km * 0,30 EUR) geltend gemachten Fahrkosten waren abzusetzen. Die Mehrwertsteuer verringert sich entsprechend.

Auf Beklagtenseite zu berücksichtigen waren folgende Kosten:

1,3-Verfahrensgebühr 535,60 €
1,2-Terminsgebühr 494,40 €
1,0-Einigungsgebühr 412,00 €
Auslagenpauschale 20,00 €
Fahrtkosten (2*6 km á 0,30 EUR) 3,60 €
Abwesenheitsgeld (mehr als 4 bis 8 Std.) 20,00 €
Zwischensumme, netto: 1.485,60 €
Mehrwertsteuer (19%) 282,26 €
Summe: 1.767,86 €

Ausgleichsberechnung:

1. An erstattungspflichtigen, nach Quoten zu verteilenden außergerichtlichen Kosten sind entstanden:
a) auf Klägerseite, gemäß Kostenrechnung vom 29.06.2010 1.699,80 €
b) auf Beklagtenseite, gemäß Kostenrechnung vom 03.08.2010 1.767,86 €
Summe: 3.467,66 €

2. Hiervon haben zu tragen:
a) die klägerische Partei: 1/3
Dies entspricht einem Betrag von: 1.155,89 €
b) die beklagte Partei: 2/3
Dies entspricht einem Betrag von: 2.311,78 €

3. Es sind sonach zu erstatten:
a) der klägerischen Partei die ihr erwachsenen Kosten (Ziffer 1a) 1.699,80 €
b) abzüglich des auf sie entfallenden Anteils (Ziffer 2a) 1.155,89 €
Erstattungsanspruch der klägerischen Partei: 543,91 €

4. Gerichtskosten:
Nach der Gerichtskostenrechnung v. 19.08.2010 bestehen hinsichtlich gezahlter Gerichtskosten keine Ausgleichsansprüche zwischen den Parteien.

5. Es ergibt sich somit ein endgültiger Erstattungsanspruch
der klägerischen Partei von 543,91 €

Landau in der Pfalz, den 23.08.2010
Rechtspflegerin