Inkasso – automatisierter Forderungseinzug auf Erfolgsbasis durch Inkassodienstleister
Das vom italienischen Wort incasso abgeleitete Inkasso heißt zu Deutsch Einziehen oder Eingang von Geld beziehungsweise von anderen Forderungen. Inkasso ist sowohl im eigenen als auch in fremdem Namen möglich. Dem Bürger ist bewusst: Wenn sich das Inkassodienstleister wegen einer nicht beglichenen Verbindlichkeit meldet, dann wird es ernst. Der Weg zum Gericht ist nicht mehr fern und Inkasso- zuzüglich Gerichtskosten sind oftmals höher als die eigentliche Verbindlichkeit.
Inkassodienstleister arbeiten in dem ständigen Spannungsfeld zwischen Gläubiger und Schuldner, also meistens zwischen dem Kunden als Käufer und dem Händler als Verkäufer. Dass sich diese Situation auch zugunsten des Verbrauchers umkehren kann, dafür sorgt das jüngste Urteil des Bundesgerichtshofe BGH zum Thema „Legal Tech und Inkasso“. Als Legal Technology, umgangssprachlich kurz Legal Tech genannt, werden Onlineunternehmen und Software bezeichnet, die rechtliche Vorgänge komplett automatisiert durchführen. An die Stelle des menschlichen Denkens und Handelns tritt Künstliche Intelligenz, die KI mit ihren ausgefeilten Algorithmen.
Vielfältige Forderungen auf unterschiedlichen Sektoren des Alltags sind unstrittig. Sie warten lediglich noch auf die Realisierung und werden so zu einem typischen Inkassofall. Beispiele dafür sind Ansprüche von Passagieren und Reisenden gegen die Flug- oder Bahngesellschaften, und zunehmend mehr auch diejenigen von Mietern gegen ihre Vermieter. Für den in juristischen Verfahren unbedarften Verbraucher stellt sich in dieser Situation die Frage, wen er mit der Durchsetzung seines Anspruches beauftragt: Rechtsanwalt oder Inkassodienstleister.
Alternative Möglichkeit – Legal Tech Unternehmen
Der BGH hat in seiner Entscheidung aus November 2019 deutlich gemacht, dass der Begriff Inkasso vom Grundsatz her auch auf Legal Tech Unternehmen zutreffen kann. Wenn sich die Legal Tech Firma als Inkassodienstleister registrieren lässt, dann besteht die Berechtigung dazu, Forderungen gerichtlich sowie außergerichtlich einzutreiben, so wie jedes andere Inkassounternehmen oder wie ein Rechtsanwalt auch. Rechtsberatung und jegliche Dienstleistungen nach dem RDG, dem Rechtsdienstleistungsgesetz werden durch automatisierte Algorithmen ersetzt. Die sind im Ergebnis der Indikator dafür, ob der Forderungsanspruch besteht und wie aussichtsreich er ist.
• Der Verbraucher prüft seinen Anspruch eigenständig über die programmierte Eingabemaske auf der Anbieter-Website
• Bei positivem Ergebnis des Anspruches wird die Forderung an das Legal Tech Unternehmen abgetreten
• Das wird so zum originären Gläubiger und macht die Forderung beim Schuldner geltend [Bahn, Airline, Vermieter
• Dem Verbraucher entstehen weder Kosten noch Risiko; er legt die Hände in den Schoß und wartet ab
• Das Legal Tech Unternehmen arbeitet ausschließlich auf Erfolgsbasis
• Verläuft die Forderungseintreibung erfolgreich, ist es eine Win-win-Situation für beide
• Anderenfalls wird über möglicherweise entstandene Kosten nicht gesprochen; der Fall ist damit abgeschlossen
KI hilft der Legal Tech mit zunehmend professioneller Software
Digitalisierung und Automatisierung sind der Schlüssel zum sogenannten Massengeschäft. Das zeigen spätestens die Sammelklagen rund um die Abgas- und Dieselaffäre von VW & Co, oder die Sammelklagen in den USA gegen Monsanto und die Bayer AG zum Thema Glyphosat. Je ausgeklügelter die KI ist, umso mehr Personal- und Verwaltungskosten lassen sich einsparen. Jegliche Rechtsdienstleistungen erübrigen sich, und somit auch der kostenpflichtige Gang zum Anwalt des Vertrauens. Den scheuen nach wie vor viele Verbraucher, wohingegen ein Onlinevordruck auf der Homepage des Legal Tech Unternehmens schnell, ohne Probleme, kosten- und absolut risikolos ausgefüllt ist.
Das als Inkassodienstleister registrierte Legal Tech Unternehmen nimmt niemandem etwas weg, sondern es verhilft Verbrauchern zu ihrem Recht, dass in der Sache unstrittig ist. Rechtsanwalt und klassisches Inkasso arbeiten immer auf Honorarbasis, Legal Tech Inkassodienstleister hingegen ausschließlich gegen Erfolgsprovision. Der Verbraucher benötigt dafür auch keine Rechtsschutzversicherung.
Forderung gelten machen Ja – Rechtsberatung Nein
Auf diese einfache Formel lässt sich das Angebot der Legal Tech Branche als Inkassodienstleister bringen, die in ihrem Kern durch das BGH-Urteil als höchstrichterliche Entscheidung gestützt wird. Für den Rechtsanwalt in seiner Kanzlei ist die Geltendmachung der Forderung im zweistelligen Bereich kein Auftrag; und wenn doch, dann gerät das Kosten-Nutzen-Verhältnis aus den Fugen. Das Inkassounternehmen der Legal Tech Branche hingegen ist für die Gläubiger ein adäquater Interessensvertreter. Es steht seinerseits unter einem selbstgewählten Druck, weil nur am und bei Erfolg verdient wird – und den garantiert die Legal Tech mit Software oder Rechenprogramm nebst klugen Algorithmen.
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